Zähne retten, nicht ziehen!

Das ist der Wunsch vieler Patienten. Gut nachvollziehbar, dass ein Körperteil nur ungern hergegeben wird. Doch die Realität sieht häufig leider anders aus.

Auf dieser Seite möchten wir über die Möglichkeiten der modernen Endodontie berichten. Natürlich sind auch hier Grenzen gesetzt, doch diese sind im Vergleich zu früher deutlich verschoben. Wir weisen umfangreiche Erfahrung im Umgang mit endodontischen Problemfällen auf. Die nachfolgenden Antworten auf typische Fragen sollen Sie mit dem Thema vertraut machen und in Ihrem persönlichen Fall helfen.

Dr. Schlüter und Dr. Langhanke

Was ist Endodontie?

Frei übersetzt bedeutet Endodontie „das Innere des Zahns“. In der Zahnmedizin ist die Endodontie der Teilbereich, welcher sich mit Behandlungen von Zahnentzündungen des Zahnnervs beschäftigt. Umgangssprachlich spricht man von der Zahnwurzelbehandlung. Sie hat das Ziel, das Gewebe aus allen Kanälen eines Zahns zu entfernen und somit ins Zahninnere vorgedrungene Bakterien zu beseitigen.

In den meisten Fällen beginnt eine Zahnwurzelbehandlung mit der Therapie von akuten Zahnschmerzen. Doch bei Erreichen der Schmerzfreiheit ist die Behandlung bei weitem nicht abgeschlossen. Vielmehr soll der Zahn in einen dauerhaft entzündungs- freien und stabil restaurierten Zustand versetzt werden.

Das Innere Ihres Zahnes

Ein Zahn besteht aus einem in der Mundhöhle sichtbarem Teil, der Zahnkrone und einem von Zahnfleisch, bzw. Knochen bedecktem Teil, der / den Wurzel(n). Im Inneren weist der gesunde Zahn den Zahnnerv auf. Dieser befindet sich in einer Höhle in der Zahnkrone und zieht von dort durch sehr feine Kanäle die einzelnen Wurzeln und tritt an jeder Wurzelspitze aus dem Zahn in den Kieferknochen.

Das Innere des Zahns

Ist ein Zahn durch eine tiefe Karies befallen, so erkrankt auch der Zahnnerv und kann absterben. Als nächstes tritt die Entzündung über die Zahnwurzelspitze auf den Kieferknochen über. Wird eine solche Entzündung nicht fachgerecht behandelt, so können als lokale Folgen Kieferzysten, eitrige Abszesse, Fisteln und sich ausbreitenden Knochenentzündungen auftreten. Als generalisierte Folgen der apikalen Parodontitis können Herz – Kreislauf – Erkrankungen, Thrombosen, Embolien und Beeinträchtigungen des Immunsystems durch Übergang der Bakterien in die Blutbahn auftreten.

Das Innere des Zahns mit Entzündung an der linken Zahnwurzel

Zahnwurzelentzündung - Woran erkennt man eine Entzündung der Zahnwurzel?

- Langanhaltende ziehende Zahnschmerzen, starke Empfindlichkeit auf heiße oder kalte Speisen

- Klopfende Zahnschmerzen

- Zahn schmerzt bei Zubiss

- Das Zahnfleisch über, bzw. unter dem entsprechenden Zahn ist geschwollen und empfindlich

- Schlechter Geschmack, Fistel erkennbar

- Der Zahn verfärbt sich (wird dunkel)

- Das Röntgenbild zeigt die Auflösung im Bereich der Zahnwurzelspitze

Zahnwurzelentzündung Zahnwurzelentzündung

Zahnwurzelbehandlung

Eine Zahnwurzelbehandlung ist eine sehr aufwändige Behandlung, deren Erfolg von einer exakten technischen Durchführung abhängt. Der Erfolg hängt stark von indikationsgerechtem Einsatz der Instrumente und der Erfahrung des Behandlers ab. Sie erfordert neben größtmöglicher Sorgfalt ein hohes Maß an Zeit.

Der Ablauf: 

Eröffnung der Nervhöhle und Auffinden aller Wurzelkanäle unter Zuhilfenahme optischer Vergrößerungshilfen.

Die Aufbereitung der Kanäle. Hierzu werden hochflexible Instrumente unter Einsatz spezieller Motoren verwendet. Mit Ihnen wird das Gewebe aus den Kanälen entfernt und mit Bakterien durchsetztes Dentin von den Kanalwänden geschabt. Desinfizierende Lösungen spülen Gewebsreste heraus. Je nach Krankheitsbild wird ein Medikament für ein bis 12 Wochen in den Zahn gelegt.

Nach Aufbereitung und Desinfektion werden die Kanäle mit dem momentan am besten verträglichen Material, der Guttapercha gefüllt. Auf die Kanalgröße abgestimmte Stifte werden Schritt für Schritt eingebracht und verdichtet.

Die Wurzelbehandlung ist erst mit der Versorgung der Zahnkrone abgeschlossen.

Chancen einer Wurzelbehandlung 

Wird eine Wurzelkanalbehandlung, wie oben beschrieben, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft durchgeführt, so kann ein Zahn mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von ungefähr 90 % erhalten werden. 100 % Prozent gibt es in der Medizin leider nicht.

Die Prognose hängt in erster Linie von dem Ausmaß der Entzündung und der Dauer ihres Bestehens ab.

In Studien über die durchschnittliche deutsche Wurzelbehandlung wurden lediglich Erfolgsraten von 40 – 50 % beschrieben. Diese geringen Raten resultieren aus Zeitmangel in der Praxis, Limitierungen durch Krankenkassen und den unten aufgeführten Gründen für Misserfolge.

Gründe für Misserfolge

Es können nicht alle Kanäle eines Zahnes gefunden werden.

Die Kanäle lassen sich nicht vollständig säubern, da sie verkalkt sind oder abgebrochene Instrumententeile den Weg versperren.

Die Wurzelkanäle sind zu stark gekrümmt, so dass es zu einer Perforation, also der Durchbohrung der Kanalwand oder dem Bruch eines Instruments kommt.

Die Entzündung klingt nicht ab.

Unerfahrenheit des Behandlers.

Fehlendes, bzw. falsch gehandhabtes Instrumentarium.

Die ZahnwurzelbehandlungZahnwurzelbehandlung1 Die Zahnwurzelbehandlung   Zahnwurzelbehandlung2Die Zahnwurzelbehandlung  

Die Revisionsbehandlung ist eine zweite Chance

Die Revision einer alten Zahnwurzelfüllung stellt eine sehr schwierige und zeitaufwändige Behandlung dar. Sie ist immer dann nötig, wenn die erste Zahnwurzelbehandlung nicht zum Ziel geführt hat. Das heißt, wenn erneut Schmerzen auftreten oder Entzündungserscheinungen im Kieferknochen im Bereich der Zahnwurzelspitzen nachweisbar sind. Häufig ist die Kombination einer Revision mit einer Wurzelspitzenresektion (siehe unten) notwendig.

Bei der Revision wird die alte Zahnwurzelfüllung entfernt und da gesamte Kanalsystem bis nahe an die Zahnwurzelspitze gereinigt und desinfiziert. Anschließend wird eine neue, dichte Zahnwurzelfüllung eingebracht.

 
 - unvollständige Wurzelfüllung in einem ersten_ oberen Molaren

- unvollständige Wurzelfüllung in einem ersten oberen Molaren

Misserfolge bei Revisionen beruhen häufig auf Hindernissen in den Wurzelkanälen, die bei der ersten Behandlung entstanden sind. Dies Können Stufen im Kanal oder abgebrochene Instrumentenstücke sein. Auch bei der Verwendung besonders harter Zemente kann eine Revision nicht möglich sein.

- Zustand nach Revision und erneuter, dichter__ Wurzelfüllung.

- Zustand nach Revision und erneuter, dichter Wurzelfüllung.

Die Zahnwurzelspitzenresektion – Chirurgie als letzte Chance

Falls alle konservativen Behandlungen nicht zum Erfolg geführt haben, so bleibt die chirurgische Endodontie als letzte Rettung.

Nach örtlicher Betäubung wird das Zahnfleisch im Bereich der Wurzelspitze vorsichtig geöffnet. Auf diese Weise kann der Kieferknochen beurteilt und das Entzündungsgewebe entfernt werden. Danach werden die unteren 2 – 3 Millimeter der Wurzel abgetrennt. Somit werden feinste Verästelungen an der Wurzelspitze, die häufig eine Nische für Bakterien bilden beseitigt. Um den Zahn zusätzlich von unten dicht zu verschließen werden die unteren Millimeter der Wurzelfüllung entfernt und der entstandene Hohlraum mit einer Füllung, der so genannten retrograden Wurzelfüllung, verschlossen.

Die Zahnwurzelspitzenresektion – Chirurgie als letzte Chance

Nach der Zahnwurzelbehandlung

Ist die eigentliche Wurzelfüllung eingebracht worden, so muss noch der sichtbare Teil des Zahnes, die klinische Krone versorgt werden. Die Art der Versorgung hat einen sehr großen Einfluss auf die Langzeitprognose des Zahns. Zum einen müssen Bakterien zuverlässig vom Zahninneren ferngehalten werden um eine Reinfektion (erneute Entzündung) des Kanalsystems zu verhindern und zum anderen muss die durch Karies und Wurzelbehandlung geschwächte Zahnhartsubstanz stabilisiert werden.

In seltenen Fällen, falls nur kleine Defekte vorliegen, kann der Zahn mit einer geklebten Komposit – Füllung (Mischung aus gemahlener Keramik und Kunststoff) oder einem Keramik –Inlay verschlossen werden. In der Regel ist ein wurzelgefüllter Zahn jedoch durch die vorherige tiefe Karies und dem erforderlichen großflächigen Zugang zur Nervhöhle so stark geschwächt, dass die verbliebene Zahnhartsubstanz durch eine Krone stabilisiert werden muss.

Gegebenenfalls wird vor der Überkronung ein Stift in die Wurzel geklebt um die Krone stabiler mit dem Zahn verbinden zu können. In der Vergangenheit kamen standardmäßig Metallstifte zum Einsatz, die mittlerweile durch moderne Glasfaserstifte ersetzt werden.. Durch eine Flexibilität ähnlich der des Zahnes kann das Bruchrisiko gering gehalten werden. Dank der absoluten Metallfreiheit kommt es nicht mehr zu den früher häufig beobachteten Verfärbungen.

Überkronte Wurzelfüllung Überkronte Wurzelfüllung Ihre Praxis für Zahngesundheit

Gibt es Alternativen?

Die einzige Alternative zur erhaltenden Therapie ist die Extraktion, also das Ziehen des Zahnes. Wird ein Zahn entfernt, so muss dieser anschließend durch eine Brücke oder besser ein Implantat ersetzt werden.

Besonders in Fällen, bei denen die Prognose der Wurzelbehandlung als fraglich einzustufen ist, sollten im persönlichen Gespräch die Risiken und Kosten der Zahnerhaltung und des Zahnersatzes gegeneinander abgewogen werden und Ihren Vorstellungen entsprechend die Therapie ausgewählt werden.

Implantologie als alternative zur Zahnwurzelbehandlung   Implantologie als alternative zur Zahnwurzelbehandlung

Falldarstellung 1

1. Behandlung eines oberen Seitenzahnes mit schlechter Prognose

Der Patient stellte sich mit einer leichten Schwellung der linken Gesichtshälfte vor. Die Übersichtsröntgenaufnahme zeigt eine fast vollständige Auflösung des letzten Zahns oben links. Der vorletzte Zahn weist eine massive Entzündung der Wurzelspitze auf. Aufgrund der Größe der Knochenauflösung wurde die Prognose der Behandlung als äußerst fraglich eingestuft.

Endodontie Falldarstellung1 Endodontie Falldarstellung1

Nach der Einlage eines desinfizierenden Medikamentes war der Patient bereits beschwerdefrei. Es konnten alle Wurzelkanäle aufbereitet und abgefüllt werden. Eine Ausheilungstendenz des Knochendefektes ist bereits erkennbar.

Endodontie Falldarstellung1

Dieses Röntgenbild wurde bei der Bohrung von zwei Wurzelstiften nach drei Monaten angefertigt. Die Knochenentzündung ist vollständig ausgeheilt.

Endodontie Falldarstellung1

Falldarstellung 2

2. Behandlung eines frakturierten unteren Seitenzahnes

Der Patient stellte sich mit Schmerzen an einem unteren Seitenzahn vor. Er hatte das Gefühl, es wäre ein Teil des Zahnes durchgebrochen.

Das Nervgewebe ist aus dem Zahn entfernt. Die Frakturlinie ist durch eine Farblösung deutlich dargestellt.

Zahnwurzelbehandlung : Behandlung eines frakturierten unteren Seitenzahnes Fallbeispiel 2 Dr. Langhanke und Kollegen

Die Wurzelkanäle wurden gründlich gesäubert. Um möglichst aseptisch behandeln zu können, ist der Zahn durch ein Latextuch vom Rest der Mundhöhle isoliert.

Zahnwurzelbehandlung : Behandlung eines frakturierten unteren Seitenzahnes Fallbeispiel 2 Dr. Langhanke und Kollegen

Blick auf die eingebrachte Wurzelfüllung (orange)

Zahnwurzelbehandlung : Behandlung eines frakturierten unteren Seitenzahnes Fallbeispiel 2 Dr. Langhanke und Kollegen

In den dicksten Wurzelkanal ist ein Glasfaserstift eingeklebt worden. Dieser dient zum weiteren Aufbau des Zahns.

Zahnwurzelbehandlung : Behandlung eines frakturierten unteren Seitenzahnes Fallbeispiel 2 Dr. Langhanke und Kollegen

Aufbaufüllung vor dem Entfernen des frakturierten Zahnteils.

Zahnwurzelbehandlung : Behandlung eines frakturierten unteren Seitenzahnes Fallbeispiel 2 Dr. Langhanke und Kollegen

Nach Entfernung des abgebrochenen Zahnfragments. Eine weitere Versorgung des Zahnes mit einer Krone war problemlos möglich.

Zahnwurzelbehandlung : Behandlung eines frakturierten unteren Seitenzahnes Fallbeispiel 2 Dr. Langhanke und Kollegen

Entferntes Zahn-, bzw. Wurzelstück

Zahnwurzelbehandlung : Behandlung eines frakturierten unteren Seitenzahnes Fallbeispiel 2 Dr. Langhanke und Kollegen

Falldarstellung 3

Das Röntgenbild zeigt eine kleine zusätzliche Wurzel zwischen den beiden regulären Wurzeln. Die kleine Wurzel ist von entzündetem Knochen umgeben (dunkler Bereich).

Falldarstellung_3      

Röntgenaufnahme zur Überprüfung der Wurzellängen. Diese wurden vorher bereits elektronisch ermittelt. Auch die im Bild rechts befindliche Wurzelspitze zeigt Entzündungszeichen (Knochenauflösung, dunkler Saum).

Falldarstellung_3

Kontrollaufnahme nach dem Einbringen der Wurzelfüllung.

Falldarstellung_3

Kontroll-Röntgenbild nach drei Monaten.

Die Knochenentzündung ist völlig ausgeheilt.

Falldarstellung_3

Die Kosten einer Zahnwurzelbehandlung

Die Wurzelkanalbehandlung gehört eigentlich zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Jedoch regeln seit 2004 gültige Richtlinien, bei welchem Zahn eine erhaltende Behandlung übernommen wird und bei welchem nicht. Entspricht der Befund nicht den Kassenbestimmungen, so werden lediglich die Kosten für das Ziehen des Zahns übernommen.

Wird trotzdem die zahnerhaltende Wurzelkanalbehandlung gewünscht, so müssen die entstehenden Kosten vom Patienten privat getragen werden. Je nach Anzahl der Wurzelkanäle und Dauer der Behandlung variieren die Kosten. Auch wenn diese im ersten Moment hoch erscheinen, so liegt die Investitionshöhe häufig weit unter dem nötigen Aufwand zum Ersatz des gezogenen Zahnes. Von privaten Versicherungen werden die Kosten in der Regel übernommen.

Volle Kostenkontrolle

Ist eine Wurzelkanalbehandlung schmerzhaft?

Eine Wurzelkanalbehandlung kann durch die übliche zahnärztliche Betäubungsspritze völlig schmerzfrei durchgeführt werden. Lediglich nach der Behandlung kann ein Druckgefühl oder Ziehen wahrgenommen werden. Dies resultiert aus einer „Wunde“ im Zahn, ähnlich einer Schnittwunde im Finger.